Europawahl
Kirche vor dem Sonntagshorn in Ruhpolding
© © Ruhpolding Tourismus/Andreas Plenk

05.06.2023
 

Breitgefächerte Fragenpalette bei der Bürgerversammlung

 

Bürgermeister Justus Pfeifer hielt Bilanz - Aufgaben der Gemeinde werden nicht kleiner  

Zahlen, Daten, Fakten – mit einem umfangreichen Informationsblock über aktuelle Themen der Gemeindepolitik wartete Bürgermeister Justus Pfeifer bei der Bürgerversammlung in der Aula im Pfarrzentrum auf. Nachdem das Ratsbegehren unter Dach und Fach ist, hielt sich die Resonanz der Besucher in Grenzen. Für sie gab es im Anschluss die Gelegenheit, Fragen zu Stellen. In seinem einstündigen Streifzug behandelte der Rathauschef die finanzielle Situation der Kommune und ging dabei auf den Gesamthaushalt ein, der 2022 in Höhe von 28,2 Mio. Euro (Verwaltungs-HH 21 Mio, Vermögens-HH 7,2 Mio) abschließt. Einige Eckpunkte: Positiv wertete Pfeifer die erzielten Gewerbesteuer-Mehreinnahmen (400.000 Euro) sowie Einsparungen bei den Verwaltungs- und Betriebsausgaben in Höhe von 1 Mio. Euro. Durch die Umstrukturierung landet der Kurbeitrag künftig direkt beim Kommunalunternehmen Ruhpolding Tourismus (RTK). Durch die konservative Planung sei im laufenden Jahr eine geringere Zuführung zum Vermögens-HH (1,97 Mio.) vorgesehen. Der Bürgermeister geht davon aus, dass Mitte des Jahres der Schuldenstand unter zwölf Mio. Euro sinkt. Dies wäre die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung seit dem Jahr 2006.  

Zum Thema Kinderbetreuung sagte Pfeifer, dass insgesamt 188 Kindergartenplätze zur Verfügung stehen, dazu 40 Plätze in der Kinderkrippe Spatzennest. Für bauliche Möglichkeiten zur Erweiterung des Kindertagesstätten-Angebots habe man eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Dennoch, so Pfeifer, müssten noch einige Hausaufgaben in Bezug auf Kinderkrippenplätze erledigt werden. Hier übersteige der Bedarf das aktuelle Angebot noch deutlich. Erfreulich sei die Tatsache, dass bei den Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen Haus des Gastes und Rathaus der Kosten- und Zeitplan eingehalten werden konnte. Dadurch konnte der barrierefreie Zugang zum Sitzungssaal sowie moderne Arbeitsplätze mit entsprechende EDV-Infrastruktur und Medientechnik geschaffen werden. Für die Digitalisierung der Grund- und Mittelschule wurden 300.00 Euro investiert (Zuwendungshöhe 134.000 Euro). Pfeifer erwähnte auch eine Reihe von wichtigen Straßen- und Wegebaumaßnahmen, die zum Abschluss kamen sowie das ambitionierte Projekt der Unternberg-Anbindung an das Wasser- und Kanalnetz. Sein Dank ging dabei an alle beteiligten Bereiche, Firmen und Almbetreiber. Zügig voran geht der Breitbandausbau im Gemeindegebiet, der auch das Gewerbegebiet Mühlfeld mit einschließt. Gesamtkosten bezifferte Pfeifer auf rund 2,1 Mio. bei einem Gemeindeanteil von 600 Tsd. Euro.

Die attraktive und kostenfreie Dorflinie beförderte 2022 knapp 41.000 Fahrgäste (ohne Schülerzahlen). Als Mammutprojekt für die strategische Entwicklung der nächsten 20 – 25 Jahre bezeichnete Pfeifer die Neuaufstellung des Flächennutzungsplans mit integriertem Landschaftsplan, wobei insbesondere Entwicklungsflächen für heimisches Gewerbe wie beispielsweise Neustadln sowie Flächen für einheimische Wohnbebauung (Wasen, Schwabenbauernweg) im Fokus der Gemeinderäte standen. Dem anhaltenden Wohnungsdruck begegnet man derzeit mit dem geförderten Wohnbauprojekt der Bayern-Heim-GmbH. in der Innerlohener Straße, wo 24 Wohnungen unterschiedlicher Größe für mittlere und geringe Einkommensgruppen entstehen. Neben dem Vorhaben „Neues Mischgebiet Schwaig-Nord“ brachte der Rathauschef nochmal den Bürgerdialog Kurhaus – Vita Alpina zur Sprache, der die Einheimischen demokratisch mit einband.  Ein derart transparenter Prozess bis hin zur Entscheidungsfindung sei ihm im ganzen Landkreis nicht bekannt und mache ihn in gewisser Weise stolz, so Pfeifer. Weitere Themen waren die Umstrukturierung der Chiemgau Arena und die Bereiche Tourismus und Fernwärmeversorgung, die Freiwillige Feuerwehr sowie die „Stiftung für unser Dorf“, die im abgelaufenen Jahr Spenden in Höhe von 1.751 Euro verzeichnen konnte. Das Grundstockvermögen der Stiftung konnte sogar erstmals die Schallmauer von über 1 Mio. Euro übersteigen.

Bürger hatten viele Fragen

Wie es um die Ansiedelung eines Drogerie-Markts stehe, fragte Stefanie Aicher. Das Thema sei seit der Bürgermeisterwahl immer noch offen. Pfeifer erklärte dazu, dass Markt-Analysen zu Folge Gemeinden für Anbieter erst ab 9.000 Einwohner relevant sind, also auch Ruhpolding darunter falle. Dass in Reit im Winkl ein Drogeriemarkt ansässig ist, hänge mit Privatinteressen zusammen. Er werde aber an dem Thema dranbleiben, versprach der Rathauschef. Auf die Frage von Bernd Magenau, warum das sogenannte „Steinbachbrückerl“ ohne Vorwarnung abgerissen wurde antwortete Pfeifer, dass hier die Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben war. Der Gesamtvorgang sei auch vom Landratsamt so bestätigt worden ist. Außerdem gehe es um Haftungsfragen, die der Grundstückseigentümer nicht auf sich nehmen will. Im Übrigen sei die Unterschriftenliste der Anlieger entgegen anderer Darstellung sehr wohl dem Gemeinderat vorgelegt worden, bestätigte Pfeifer.  

Sofie Pertl vertrat die Meinung, dass Gäste mit Chiemgaukarte die Wanderparkplätze kostenfrei benutzen sollten, wenn schon das touristische Angebot wie jetzt durch den Wegfall der Rauschbergbahn immer kleiner wird. Pfeifer sagte dazu, dass dies auch in seinem Sinn wäre, der Gemeinderat jedoch anderer Auffassung ist und einen klaren Beschluss dazu gefällt habe. Die Zukunft der Rauschbergbahn stellte Oliver Eisele in den Fokus mit der Frage, warum das geplante Projekt nicht stärker kommuniziert wird, wo doch angeblich mehrere Investoren vor der Tür stehen. Auch er, so Pfeifer, verfolge gespannt die derzeitige Zinsentwicklung, die es Investoren nicht leichter mache. Trotzdem stehen die Chancen gut, das Projekt umzusetzen. „Wir waren noch nie so weit wie heute“, signalisierte er zuversichtlich.

Konrad Fegg fragte, ob es stimmt, dass das Wohnbauwerk das Grundstück am Otto-Filitz-Gelände gekauft und wieder verkauft hat. Wie Pfeifer anführte, sei nur ein Teil verkauft und eine Fläche für 40 Wohneinheiten zurückbehalten worden.

Georg Nagl von der Kulturinitiative Ruhpolding e. V. beklagte die geringe Wertschätzung von Seiten der Gemeinde und des Tourismusbereichs. Schließlich werden hochkarätige Konzerte geboten. Der Rathauschef verwies darauf, dass die Termine im Veranstaltungskalender oder sogar auf der Titelseite des Gemeindeanzeigers veröffentlicht werden. 

Leopold Huber wollte wissen, über wieviel Hektar Grund das gemeindliche Wohnbauwerk verfüge, was Pfeifer spontan nicht beantworten konnte. Auskunft darüber wird in der nächsten Gemeinderatssitzung gegeben. Die weitere Frage Hubers zielte auf den Loipenbetrieb bei niederen Schneehöhen ab. Er wundert sich immer, wenn in Eisenärzt schon gespurt ist, aber in Ruhpolding noch nicht. „Mit einem Skidoo lässt sich das machen, aber unsere Loipenspurgeräte brauchen mindestens 20 Zentimeter Schneehöhe, erklärte Pfeifer dazu. Hierzu gebe es jedoch bereits Überlegungen von Seiten des Bauhofs und des RTK ein entsprechendes Gerät zu beschaffen.   

In dem Zusammenhang gab es von Huber aber auch ein dickes Lob für die Mitarbeiter des Bauhofs, die Sommer wie Winter einen tollen Job machen. Weitere Themen waren unter anderem noch die Verbindungsstraße Fuchsau-Gstadt, Lichtverschmutzung, Begehungsrecht in der Natur, Parkgebühren, Winterwanderwege, Ratsbegehren und die obligatorische Frage, wann die Bürger mit einem Veranstaltungssaal rechnen können. Zweiter Bürgermeister Ludwig Böddecker trat der Aussage eines Bürgers entgegen, er habe bei der Jahreshauptversammlung der Rauschberger-Zell einen festen Termin in Aussicht gestellt. Er habe lediglich geäußert, man werde sich um eine zeitnahe Lösung bemühen. 

 

ls