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17.09.2025
Stefan-Großglettner-Weg in Ruhpolding feierlich eingeweiht
Am Freitag, den 12. September, wurde in Ruhpolding der neu benannte „Stefan-Großglettner-Weg“ feierlich eingeweiht. Mit dieser Widmung ehrt die Gemeinde einen mutigen Menschen, dessen Leben und politisches Engagement ein Beispiel für demokratischen Widerstand und Zivilcourage sind.
Bürgermeister Justus Pfeifer betonte die Bedeutung für die Gemeinde:
„Dass wir heute diesen Weg nach ihm benennen, ist ein starkes Zeichen für Ruhpolding. Wir sagen damit: Wir vergessen ihn nicht. Und wir stehen ein für Werte, für die er gelebt hat. Denn Demokratie ist nicht selbstverständlich – sie braucht Mut, Haltung, Zusammenhalt und Engagement.“
Besonders bewegend war die Anwesenheit der Tochter von Stefan Großglettner, Frau Emilie Großglettner. Pfeifer richtete sich direkt an sie:
„Für uns alle ist dieser Tag ein historisches und politisches Ereignis. Für Sie ist es aber noch viel mehr: ein sehr persönlicher Moment, der die Geschichte Ihres Vaters mit dem heutigen Ruhpolding verbindet. Sie geben dieser Feier eine Wärme und Tiefe, die keine Tafel und keine offizielle Benennung allein schaffen könnte.“
SPD-Gemeinderatsmitglied und Fraktionsvorsitzender Johannes Hillebrand erinnerte in seiner Rede daran, dass gerade seine Standhaftigkeit und sein tragischer Tod uns heute eine Mahnung sein müsse. In einer Zeit, in der Kriege und Gewalt wieder die Nachrichten bestimmen, sei es umso wichtiger, die Erinnerung an Menschen wachzuhalten, die für Demokratie eingetreten sind. Er dankte dem SPD-Ortsverein, der den grundlegenden Antrag gestellt hatte und dem Gemeinderat für die einstimmige Zustimmung im Februar 2025 sowie allen, die zur Realisierung des Gedenkens beigetragen haben. Besonders gilt der Dank Sebastian Steinbacher, Grünen-Gemeinderatsmitglied und Schreiner, der nicht nur die Gedenktafel anfertigte, sondern auch den von Helmut Müller angedachten Standort zur Wegebenennung in den Gemeinderat einbrachte. Stefan Großglettner hatte in Buchschachen gelebt – daher ist es ein besonders passender Standort.
Auch der stellvertretende Traunsteiner Landrat Josef Konhäuser, selbst Ruhpoldinger, nahm an der Einweihung teil und stellte den Bezug zur Gegenwart her: „Wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft gestalten.“
Georg Niermeier, Kassier des SPD-Ortsvereins, gab anhand kurzer Auszüge aus den Tagebüchern einen Einblick in Großglettners Leben. Er konnte die Texte dank seiner Kenntnisse in Sütterlin übersetzen. Die in München lebende Tochter Emilie hatte die Originale zur Verfügung gestellt. „Die Übersetzung war spannend und beeindruckend – Großglettner war unglaublich genau. Während seiner Gemeinderatstätigkeit hielt er akribisch alles fest, bis hin zu Kleinigkeiten wie Verspätungen oder einer Maß Bier“, erzählte er schmunzelnd. Besonders am Herzen lagen Großglettner soziale Fragen, das Schulwesen und die Infrastruktur. „Er half ausnahmslos jedem, unabhängig von allen Unterschieden.“ Dank gilt auch Margarete Schürholt, stellvertretende Vorsitzende SPD-Ortsverein, die mit weiteren Materialien die Nachforschungen maßgeblich unterstützte.
Schließlich enthüllten Frau Großglettner und der Bürgermeister gemeinsam die Gedenktafel – ein bewegender Augenblick, der vielen Gästen naheging. Sichtlich gerührt bedankte sie sich für die Würdigung ihres Vaters.
Abgerundet wurde die Feier durch Pfarrer Otto Stangl, der die Anwesenden mit seinem Segen begleitete.
Ein herzliches Dankeschön geht zudem an die Familie Sandner, den Eigentümern des Grundstücks, auf dem der Stefan-Großglettner-Weg verläuft. Ohne ihre Unterstützung und die großzügige Zustimmung zur Nutzung ihres Grundstücks wäre die Realisierung dieses Gedenkwegs nicht möglich gewesen.
Wer war Stefan Großglettner?
Stefan Großglettner wurde im März 1898 in Loitshausen (Gemeinde Marquartstein) geboren und zog Anfang der 1920er Jahre nach Ruhpolding, wo er der SPD beitrat. 1929 wurde er in den Gemeinderat gewählt und übernahm später den Vorsitz der SPD-Fraktion. Als Gewerkschafter und entschiedener Gegner des NS-Regimes wurde er mehrfach verhaftet, in verschiedenen Lagern inhaftiert und zuletzt ins KZ Dachau gebracht. Nachdem er in den letzten Kriegstagen gegen seinen Willen zwangsrekrutiert wurde, kam er im April 1945 tragischerweise bei einer Verwechslung durch US-Soldaten ums Leben. Sein Leichnam wurde nach Ruhpolding überführt und dort beigesetzt.
Wer durch Ruhpolding spaziert, sollte den „Stefan-Großglettner-Weg“ besuchen – er erinnert an einen Mann, dessen Einsatz für Demokratie bis heute nachwirkt. Der Wanderweg am Adlerhügel befindet sich im Ortsteil Buchschachen und zweigt von der Von-Hertling-Straße (etwa auf Höhe Hausnummer 14) ab.
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